Schon gestern konnte man auf dem Online-Tagi einen Beitrag mit dem Titel „Eine iApp für 712 Franken“ lesen, und heute wurde es im Blick am Abend nochmals nachgedoppelt: Die swisstopo bietet seit kurzen ein iApp „Swiss Map Mobile“ für 4.40 Fr. an. Dies ist jedoch nur für eine Probeversion der Anwendung, welche Schweizer Landeskarten für Wanderer, Radfahrer, etc. anzeigt. Möchte man nach Ablauf der Frist weiterhin auf das Kartenmaterial zugreifen, stehen verschiedene Sektoren zum Erwerb zur Verfügung, wobei die gesamte Schweiz in 8 Sektoren unterteilt ist und jeder davon 89 Franken kostet. Das gleiche gibt es auch für Symbian Telefone und Windows Mobile zum genau gleichen Preis.
Viel zu teuer?
Im Internet häufen sich nun die Meinungen über dieses iApp und viele reklamieren, dass der Preis für dieses Produkt viel zu hoch sei. Doch schon der Tagesanzeiger zeigt im Bericht, dass wenn man den Preis der Anwendung mit Preisen anderer Kartenprodukte von swisstopo vergleicht, das kleine Programm eher günstig abschneidet.
So kosten im Vergleich das gesamte Kartenwerk der Schweiz im Massstab 1:25 000 auf DVD 1424 Fr. und in Papierform sogar 3334.50 Fr.!
Zusätzlich kommt, dass bei der Anwendung auf dem Iphone noch Kartenmaterial im Masstab 1:100 000, 1:500 000 und 1:1 Million dabei sind. Auch wenn der Preis für diese Karten relativ zum restlichen Material keinen grossen Ausschlag geben, muss man diesen korrekterweise noch dazuzählen.
Blick am Abend vergleicht nun die swisstopo Anwendung mit der Navigon Mobile Navigator Iphone Applikation (für 149.-) welches Kartenmaterial von ganz Europa enthält. Meiner Meinung nach kann man diese beiden Produkte jedoch überhaupt nicht miteinander vergleichen, da diese völlig verschiedene Zwecke erfüllen, und daher auch andere Grundlagendaten haben.
Weshalb sind Schweizer Landeskarten so teuer?
Da ich ja selber auch Geomatik an der ETH studiere, möchte ich nun mal versuchen zu erklären, weshalb diese Navigon Software im Vergleich zur swisstopo Anwendung einen viel tieferen Preis pro Fläche hat.
Zweck und Inhalt der Karten
Eine Navigationssoftware enthält normalerweise Daten in Form von Vektoren. Da die für den Fahrer wichtigsten Daten die Strassen sind, liegt hierbei der Schwerpunkt der Informationen. Für Strassen genügt es, Satellitenbilder zu verwenden und aus diesen die wichtigsten Strassen zu extrahieren. Dies tönt jetzt ganz einfach, jedoch steckt hier schon einige Arbeit dahinter.
Im Beispiel der Wanderer, sind jedoch diese Strassen nicht von grossem Interesse. Vielmehr möchte man wissen, wo Wanderwege durchfüren oder sich das nächste Bergrestaurant befindet. Zusätzlich sollte eine Karte noch die Möglichkeit bieten, sich im Raum zu orientieren, sprich die einzelnen Symbole sollten dann auch der Umgebung entsprechen. Nur schon diese Anforderungen verlangen vom Kartenmaterial einen viel feineren Massstab und zusätzlich auch noch einen viel höheren Aufwand die einzelnen Daten zu digitalisieren.
Produktion
Damit diese Auflösung erreicht wird, verwendet die swisstopo keine Satellitenbilder sondern Luftbilder, welche mit einer ADS40 geflogen wurden. Da die Höhe über Grund bei Satelliten um einiges grösser ist als bei Flugzeugen, ist auch die Bildgrösse entsprechend grösser. Dies wiederum bedeutet weniger Bilder für das gleiche Gebiet, und somit auch weniger Kosten (jedoch mit schlechterer Qualität).
Da zusätzlich zu den Strassen auch noch ALLE Gebäude, Wege, Stromleitungen, Fussbaldfelder, … digitalisiert werden braucht dies auch wiederum entsprechend mehr Aufwand oder besser gesagt VIEL mehr Aufwand. Dies nicht nur bei der Erstaufnahme, sondern auch bei der Aktualisierung. So müssen auch hier nicht nur die neuen Strassen hinzugefügt werden, sondern alle Objekte welche in den vergangenen Jahren gebaut wurden.
Die Datenaufnahme und die Digitalisierung sind jedoch erst der erste Schritt im gesamten Arbeitsprozess. Jetzt erst beginnt die Gestaltung eines Kartenblatts. Da ich selber auch Vorlesungen über Kartografie besucht habe, weiss ich, dass auch dies eine nicht sehr einfach Aufgabe ist. Jedes Element der Karte, sei dies nun Text oder Symbol, hat seine eigenen Richtlinien, welche es gilt einzuhalten. Schriftgrösse, Positionierung, usw. müssen für jedes einzelne Objekt überprüft und allenfalls angepasst werden.
Auf die weiteren Schritte wie Layout, Druck und Vertrieb möchte ich an dieser Stelle nicht mehr eingehen, jedoch verursachen diese sicherlich auch noch einiges an Umtriebe.
(Mein persönliches) Fazit
Immer mehr Karten tauchen in unserem Alltag auf. Sei dies durch Google Earth/Maps, Navigationslösungen oder sonstigen Anwendungen. Viele Leute wissen jedoch nicht wie viel Arbeit hinter so einem Produkt steht. Bei uns an der ETH werden wir schon lange darauf hingewiesen, dass Kartenmaterial bei einem Geoinformationssystem den teuersten Teil ausmachen. Sicherlich sind 712 Franken für die gesamte Schweiz viel Geld, und um ehrlich zu sein, war ich auch geschockt als ich zum ersten Mal sah, wie teuer die Swiss Map DVDs sind. Als Geomatiker bin ich (natürlich) der Meinung, dass diese Karten auch ihren Preis wert sind. Und sind wir mal ehrlich. Wer braucht schon die gesamte Schweiz im Massstab 1:25 000? Es besitzt ja bis jetzt wahrscheinlich auch kaum jemand alle 247 Landeskarten zusammen.
Geheimtipp
Für alle diejenigen, welche das Kartenmaterial nicht unbedingt auf dem Iphone brauchen: Die Swiss Map DVDs kann man sich auch in der Bibliothek ausleihen. Zumindest an der ETH ist das komplette Kartenmaterial vorhanden.